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Orte des Schaffens
- Plädoyer zur Wahrung geistiger Naturschutzgebiete -
Ein Bild kann mehr aussagen, als es mit
tausend Worten möglich wäre; es kann aber auch mehr verschweigen, als mit
tausend Worten gesagt werden könnte. Unsere Hermeneutik ist im Sinne der
Aufklärung eine geisteswissenschaftliche, zumeist auf Texte und ihre Chronologie bezogen; sie
interpretiert die Welt wie ein Buch in der Abfolge der Seiten; in der Ordnung
der Buchstaben versucht sie, einen geheimen Sinn, der dahinter verborgen sein
soll, zu entziffern. Das Prinzip ist stets die lineare Enthüllung.
Das kulturpolitische Phänomen, um dessen Sinndeutung es im Grunde hier geht,
ist in dieser Denktradition dabei immer Chiffre, die hinterfragt werden muss.
Die Lebenswelt und Sozialräumlichkeit in ihrer sinnlichen Konkretion wird
indes nicht ernst genommen. Sie ist nur Schein, der das Sein verbirgt. Und die
Belege dafür sind in der Regel immer Textstellen. Die lästige Interpretation
klebt am Buchstaben. Die Topologie dieser Hermeneutik ist ortlos.
Anzustreben wäre eine Hermeneutik der Sozialräumlichkeit, die raumbezogen in Körpern, Abstraktionen und phänomenologischen Mustern denkt,
dreidimensional, morphologisch, sozialräumlich, geographisch, farbig - und sich
nicht verliert in gängigen Deutungsmustern bildender Kunst. Dabei
muss jeder Ort über die ihm zugeordnete Ikonographie verstanden werden. Nicht
Epochen und Zeitabläufe sind letztlich das Entscheidende, sondern Sozialkörper
und kulturelle Ausdrucksformen. Sinnmuster werden in räumlich-geographischen
Beziehungen und Bereichen gesucht, das Phänomen als Bild und Gestalt in situ
wahrgenommen. Es gibt kein von der sinnlichen Welt abgelöstes Reich des
Geistes. Alles ist lokalisierbar, sozial zu verorten. Jede Sinnfrage kann
demnach eine Antwort nur in diesem ganzheitlichen Deutungsmuster finden, in dem
es nichts zu hinterfragen und zu entlarven gilt, sondern in dem sich Antworten
in dem Maße finden lassen, in dem man darin das für eine Kultur und ihre
spätkapitalistische Physiognomie bestimmende System der symbolischen
Zuordnungen erkennt.
Ohne Sinnlichkeit würde uns kein Gegenstand gegeben, und ohne Verstand keiner
gedacht werden. Damit beides zu einer ästhetischen Form gerinnt,
bedarf es gerade in Zeiten der Amüsiermaschine, in welcher Kunst allzu schnell
zur Warenform gerinnt, geeigneter Orte, welche als kreative
Luftschutzbunker einen ausreichenden Schutz gegen das Dauerfeuer und
Bombardement der Bewusstseins- und Bedürfnisindustrie bieten.
An dieser Stelle Dank an alle, die in unterschiedlichsten Weisen diese
Kulturtätigkeit unterstützen und besonders an Fa. Dreibus für das nahezu
kostenfreie
Atelier in Regensburg.
Das seit 2000
belebte Atelier (Bj. ca. 1680) in Regensburg/Stadtamhof |
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Der von 1993
bis 2001 kulturell bewirtschaftete Einödhof Kornöd (Bj. 1727) als
langjähriger Hort der Inspiration |
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